Ashtanga Yoga ist eine dynamische Yogaform in der Tradition des Hatha Yoga, die sich an vorgegebenen Übungsreihen (Serien) von Yogahaltungen (Asanas) orientiert. Die einzelnen Asanas reihen sich dabei aneinander wie Perlen an einer Kette. Sie werden in der immer gleichen Reihenfolge durchgeführt und in der Regel für fünf Atemzüge gehalten.
Der Atemrhythmus und die Übergänge zwischen den einzelnen Asanas (Vinyasa) sind ebenfalls genau festegelegt. Vinyasa (Einklang von Atmung und Bewegung) trägt zusammen mit Bhanda (Lenkung der Energie) und Dristhi (Konzentrationspunkte) dazu bei, dass der Geist während der Yogapraxis immer mehr zur Ruhe kommt.
Für viele fühlen sich diese klaren Vorgaben im Ashtanga Yoga zunächst rigide an, sie haben aber auch einen großen Vorteil: Man muss nicht lange überlegen, sondern kann einfach der vorgegebenen Abfolge von Asanas und dem begleitenden Atemrhythmus folgen. Dadurch kann der Geist ganz im Moment bleiben, es bleibt keine Zeit zum Grübeln oder für Sorgen und negative Gedanken.
Wie oft wird Ashtanga Yoga praktiziert?
Ashtanga Yoga wird traditionell täglich praktiziert, mit einem Ruhetag pro Woche und zusätzlichen Ruhetagen an den Mondtagen (Neu- und Vollmond). Frauen sollten zudem ihren Menstruations-Zyklus respektieren und hier zumindest an den ersten Tagen auch Ruhetage einführen. Die Praxis generiert eine „aufsteigende Energie“, welche dem natürlichen, „absteigenden Energiefluss“ der Menstruation entgegen wirkt.
Unabhängig davon muss letzten Endes aber jeder für sich selbst entscheiden, wie häufig er praktizieren möchte: Was tut mir und meinem Körper gut? Bin ich mental bereit, täglich zu üben? Was passt zu meinen beruflichen und privaten Verpflichtungen? Im Zweifelsfall gilt auch hier: Weniger ist mehr!
So wird Ashtanga Yoga gelernt
Traditionell wird Ashtanga Yoga im Mysore-Style gelehrt und geübt, was Ashtanga Yoga deutlich von anderen Yoga-Stilen unterscheidet. In einer Mysore-Stunde praktiziert jeder Schüler die Abfolge der Asanas selbständig entsprechend seines individuellen Niveaus und in seinem eigenen Rhythmus. Aufgabe des Lehrers ist, den Schüler durch Adjustments und Instruktionen zu begleiten, motivieren und unterstützen. Dementsprechend sind in einer Mysore-Stunde alle willkommen, vom absoluten Anfänger bis zum fortgeschrittenen „Ashtangi“.
Durch regelmäßiges Üben kann der Schüler so im Laufe der Zeit eine eigene Yoga-Praxis aufbauen und erlernen, die an seinen persönlichen Voraussetzungen ausgerichtet ist und damit auch Verletzungen vorbeugt. Letzten Endes wird der Schüler damit auch unabhängig vom Lehrer und kann jederzeit und überall praktizieren – was sich z. B. während der Corona-bedingten Lockdowns als großer Vorteil erwiesen hat.
Eine gute Ergänzung zum Mysore-Unterricht sind die geführten Stunden (Led-Class). Sie unterstützen dabei, eine flüssige, fokussierte Praxis zu entwickeln und die Abfolge der Vinyasas korrekt zu verinnerlichen.
Tradition des Ashtanga Yoga
Ashtanga Yoga, wie wir es heute kennen, wurde von Sri T. Krishnamacharya zu Anfang des 20. Jahrhunders wieder entdeckt und weiter gegeben. Unter dem Einfuss seines Schülers Sri K. Patthabi Jois wurde Ashtanga Yoga weltweit bekannt. Patthabi Jois lehrte die Methode bis er im im Jahre 2009 verstarb, in seiner Schule in Mysore (dem KPJAYI) an Schüler aus aller Welt.
Die Tradition wird von Mitgliedern der Jois-Familie und vielen erfahrenen Lehrern auf der ganzen Welt fortgesetzt und aufrecht erhalten. R. Sharath Jois, Enkel von Patthabi Jois, und seine Mutter Saraswati unterrichten noch immer mit überwältigender Liebe und Hingabe all jene, die jedes Jahr nach Mysore kommen, um Ashtanga Yoga direkt von der Quelle zu lernen.
Die sechs Serien des Ashtanga Yoga
Ashtanga Yoga orientiert sich an vorgegebenen Übungsreihen (Serien). Insgesamt sind sechs Serien bekannt, die in Länge und Schwierigkeit variieren. Die allermeisten Ashtangis praktizieren die erste und zweite Serie. Die erste Serie (Yoga Chikitsa) dient hauptsächlich der Gesundung und Stärkung des Körpers und des Geistes. Die zweite Serie (Nadi Sodhana) hat ihren Fokus auf der Reinigung des Nervensystems und setzt viele befreiende interne psychologische Prozesse in Gang.
Nur wenige sehr fortgeschrittene Yogis üben die dritte Serie (Sthira Bhaga, Advanced A) und die vierte Serie (Advanced B). Die fünfte und sechste Serie (Advanced C & D) werden nur von einer Handvoll Yogapraktizierenden weltweit geübt, zu denen R. Sharath Jois gehört.
Autor: Thomas Pfeiffer